Windmühlen in Neukölln

Ein Beitrag von N. Pustan

Don Quijote führte seinen aussichtslosen Kampf gegen Windmühlen auf Grund der fälschlichen Annahme es handle sich um bedrohliche Riesen, die zu bezwingen er als Pflicht erachtete.

Ein symbolisches Versagen der Vernunft auf der Jagd nach Idealen.

In Berlin ist das Risiko mit einer Windmühle in einen Kampf verwickelt zu werden nicht mehr besonders groß. Wir haben nur noch acht.

In der Zeit um 1860 waren es mal ~150. Von den heute verbleibenden stehen nur vier noch da wo sie sich vor 1900 befanden. Zwei davon (beide des Typs Holländermühle) in Neukölln, aber nur eine von ihnen könnte sich gegen einen Don Quijote noch wehren. Der anderen – der Jungfernmühle – wurden die Arme stillgelegt. Sie ist jetzt ein Restaurant und hübsche Zierde des 1993 hinzu gebauten Holländerviertels, in Gropiusstadt.

Die Britzer Mühle ist hingegen noch voll funktionsfähig und dient sowohl dem Mahlbetrieb für frische Teigwaren als auch dem Erlernen des klassischen Müllerhandwerks.

Die Jungfernmühle

Die Jungfernmühle ist auch die älteste Mühle Berlins, ursprünglich erbaut um 1754. Ihren Namen erhielt sie, laut Überlieferung, nach dem Tode der unvermählten Tochter des ersten Müllers. Es heißt ein Flügel der Mühle habe sie erfasst und entweder erschlagen oder in die Höhe mitgerissen, zu einem fatalen Sturz. Ein Holzkonterfei über einem der Eingänge erinnert noch heute an sie.

Damals stand die Mühle noch am Nauener Tor, im holländischen Viertel Potsdams. Seither wurde das Gebäude zwei mal versetzt. Kurzzeitig verweilte es wohl im Rollbergviertel, seit 1892 in der Goldammerstraße. Glücklicherweise achtete man beim Umsetzen darauf die Flügel nicht mehr in Bodennähe drehen zu lassen.

Zum Restaurant wurde die Mühle 1993, dreizehn Jahre nach Stilllegung des Mahlbetriebs. Der schwäbische Restaurantbetrieb Wiesenstein ist der gegenwärtige Pächter.

 

Mehr Infos unter: https://www.wiesenstein.de/restaurant-jungfernmuehle/

Die Britzer Mühle

Die Britzer Mühle wurde um 1866 erbaut und ist jetzt die einzige noch funktionierende historische Windmühle in Berlin. Den 2. Weltkrieg überstand sie nicht unbeschadet, aber für die Bundesgartenschau des Jahres 1985 gab man ihr ein neues Leben, inklusive eines originalgetreuen Nachbaus des anliegenden Müllerhauses. Letzteres enthält mittlerweile ein Restaurant.

Bis heute wird der Betrieb der Mühle und des Restaurants durch die „Müllerei e.V.“ übernommen.

Mitglieder können für 150 € (+ Mitgliedsbeitrag) die Ausbildung zum Müller erwerben. Das ist allerdings kein eingetragener Ausbildungsberuf, aber ermöglicht eine fachkundige Betreuung der Mühle. Eine spannende Möglichkeit für Freunde von Windmühlen, aber vielleicht auch für Fans des Mittelalters...oder von Don Quijote.

Es gibt dort regelmäßige Feste und gelegentliche Veranstaltungen (z.B. Konzerte). Von März bis November kann man Brot kaufen, das vor Ort hergestellt wurde.

In der gegenwärtigen Energiekrise stellt sich auch die Frage, ob windbetriebene Mehlproduktion nicht die vernünftigere Option darstellt.

Es hat zumindest irgendwie einen romantischen Charakter, dass es in Berlin noch steinerne Riesen gibt, die symbolisch für den Kampf um Vernunft stehen.

 

Mehr Infos unter: https://britzer-muellerei.de/